Mein Leben unter Palmen am Meer

Mein Leben unter Palmen am Meer
Hans Joachim und seine Familie in Las Terrenas

Mittwoch, 20. April 2011

. . . auf dem Rücken der Frauen

Alles hat zwei Seiten, eine Vorderseite und eine Rückseite. Hier will ich mal eine Rückseite beleuchten, quasi die Schock-auslösende Seite der Dominikanerin auf Männerfang.

Ich habe den Titel bewusst so genannt, weil das Schicksal sich immer auf dem Rücken der Menschen abspielt, und besonders auf dem Rücken der Frauen. Der Mann ist hier grundsätzlich ein Macho, natürlich gibt es auch andere, das sei unbestritten. Die Frau hat sich nach ihm zu richten und zu akzeptieren, dass ein Mann oft 'bei mehreren Frauen was am Laufen hat'. Sie hat die Kinder zu versorgen, den Haushalt zu führen, mit nur wenig Peso auszukommenn, die Kinder immer adrett und sauber zur Schule zu schicken und den Mann zu verwöhnen. Dass sie dann auch mal eine Gelegenheit ausnutzt, sich einen Flirt mit einem anderen Mann zu leisten, liegt auf der Hand und ist eigentlich als ein kleiner Racheakt zu verstehen. Denn ihren Marido (Ehemann) will sie ja auf garkeinen Fall verlieren, das ist ein Statussymbol.
Damit ist der Krach eigentlich vorprogrammiert, der in der Regel so abläuft, dass er schmollend zu einer seiner Beiläufigen geht und sich dort ausweint, wie schlecht doch die Frauen sind und dass er ja nur sie als alleinig Geliebte hat. Das geht so lange gut, bis sie ihm klarmacht, dass er jetzt ja nicht nur bei ihr wohnen könne, sondern nun auch für sie und ihre drei Kinder zu sorgen habe und mal eben jeden Monat soundsoviel Peso dalassen solle. Schleunigst sucht er das Weite und rennt zur Nächsten mit der gleichen Story, der arme Kerl.
Dass die so mit ihrer Haus-, Familien- und Kindergeschichte alleingelassenen Mütter häufig Kinder von verschiedenen Vätern haben, liegt auf der Hand. Und weil nun die auf der Insel Hispaniola mit durchwegs üppigen Reizen ausgestatteten jungen Frauen schon sehr früh mit 15-20 Jahren ihre Kinder bekommen, geht das jugendliche Leben eigentlich an ihnen vorbei. Wen wundert's, dass sie in der Mitte der Zwanziger ihre inzwischen bereits herangewachsenen Kinder bei der noch jungen Oma lassen und das Leben eigentlich erst jetzt leben wollen. Kommt hinzu, dass der Arzt vor der dritten Geburt fragt, ob sie noch Kinder wolle. Wenn sie dann 'Nein' sagt, gibt's dann auch keine mehr.

Wie schön für die noch junge Mittzwanzigerin, künftig ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, sich auf beliebige Liebes-Abenteuer einlassen zu können. Aber die inzwischen lebenserfahren Gewordene weiss, wie teuer das Leben mit Kindern ist - und noch dazu mit der Grossmutter, die ja auch leben muss. Also sucht sie nun jemanden, von dem sie annimmt, dass er über genügend Dineros verfügt, um ihr ein angenehmes Leben zu ermöglichen. Dass sie immer noch etwas mit einem der Väter ihrer Kinder am laufen hat, stört sie eigentlich überhaupt nicht. Der wird sich schon nicht unangenehm bemerkbar machen, weil er auch in irgend einer Form etwas mitbekommt, wie auch immer.

Und weil sie sich eine neue Eroberung ja auch längerfristig erhalten will, setzt sie alles daran, dass der ahnungslose Blanco zufrieden ist. Über Moral lásst sich trefflich streiten, solange man genügend zu essen hat und auch sonst einigermassen über die Runden kommt. Wer aber diese Armut gesehen hat und die Not, täglich den Kindern das Überleben zu sichern, der hat Verständnis für dieses oft zweifelhafte Leben.

Wohlgemerkt, Betrug und Diebstahl bleiben nach wie vor verurteilenswert. Aber jetzt beginnt ein Lernprozess für den so sehnlich Begehrten, mit scheibchenweise erkennbarem Lug und Trug fertig zu werden, das Handtuch zu werfen oder den Schock zu überwinden und der Sache auf den Grund zu gehen.
Wer sich die Mühe nimmt, all die Verschleierungsversuche zu durchschauen, das Leben zu entdecken, das sich hinter dem so reizvoll aufgebauten Schein verbirgt und die Not zu sehen, die ja nach wie vor hinter der Fassade schlummert, der beginnt, sich ein abgewogeneres Urteil zu bilden, weitab von Klischees und oberflächlichen Wertvorstellungen.

Es ist das Leben, das den Menschen oft Verhaltensweisen aufzwingt, die sie eigentlich garnicht wollen. Niemand muss dieses 'Spiel' ja gut finden, aber es ist ein Verständnis vonnöten, das erst den Milieukenner vom Gringo unterscheidet. Haben wir, die wir hierher kommen, um uns einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen, zudem Fernsehen und Zeitschriften, nicht alle dazu beigetragen, Begehrlichkeiten zu wecken. Wo vor 20-30 Jahren, als diese Frauen geboren wurden, noch Fischerhütten und Naturwege vor sich hinträumten, wälzen sich heute an Semana Santa die Autokolonnen aus Santo Domingo über den heissen Asphalt, vorbei an schmucken modernen Kleiderläden, Dutzenden von Restaurants, Boutiquen, Souvenierläden und Diskotheken.

Dienstag, 19. April 2011

Las Terrenas, für Europäer über kurz oder lang ein Kulturschock

Montag, 11. April 2011


Jeder Europäer, der sich länger in Las Terrenas aufhält, wird früher oder später trotz aller Naturschönheit, dem karibischen Lebensfeeling und menschlich intensiven Begegnungen mit einem Kulturschock konfrontiert. Den einen wird der Schock überwältigen, den anderen wird er zum heilsamen Schock, der ihn zu innerlicher Stärke führt.

Das erste, was gelernt werden muss ist: Du wirst über den Tisch gezogen, von wem und bei was auch immer. Beziehungen sind grundsätzlich auf Lüge aufgebaut und Vertrauen ist nur ein überaus oft strapaziertes Wort, aber eben, nur ein Wort. Das klingt sehr negativ, ist aber eben die Realitat. Wenn du hier ein Grundstück erwirbst, musst du davon ausgehen, dass von den Anwälten Fallen eingebaut werden, die regelmassig zu Prozessen fuhren, an denen die Anwälte am besten verdienen.
Wenn ein Europäer einer der wunderschon angezogenen und liebreizend aussehenden kaffeebraunen Schönen begegnet, ist es nicht die Frau die umworben wird, sondern der Mann, dem sofort freundliche, Kontakt suchende Augen begegnen. Diese lieblichen Damen und Dämchen sind bereit, alles zu geben, aber auch alles zu nehmen, bis zum letzten Peso im Geldbeutel. Das Gleiche gilt natürlich auch für die überaus freundlichen, überzeugend auftretenden und herzerweichend galanten Herren und Herrchen, die nur zu gerne eine weisse Trophäe gegenüber ihren Konkurrenten und Mitbewerbern vorzeigen.
Farbige Frauen und Männer, die sich mit Weissen einlassen, haben ganz sicher einen anderen Mann bzw.eine andere Frau, der sie Vertrauen (confianza) entgegenbringen, nicht aber der oder dem Weissen gegenüber.
Aber bitte, nicht alle sind so. Nur die Stecknadel im Heuhaufen zu finden, ist reine Glückssache. Nur zu gerne will man glauben, diese Stecknadel gefunden zu haben.
Dominikanische Männer haben hier in Las Terrenas in der Regel (!) mehrere Frauen, um eine Bestätigung ihrer Männlichkeit zu finden. Das Grösste ist aber, eine weisse Frau zu 'haben', um sich und andere damit zu bestätigen, welch doller Kerl man doch ist. Dass eine weisse Frau diesen 'dollen Kerl' zu finanzieren hat, ist nicht nur selbstverständlich, sondern gilt als eine Art Bezahlung. Dass eine solche weisse Frau in ihrer Grosszügigkeit ihre Sachen als Andenken dazulassen hat, wird nicht hinterfragt. Kategorien, wie Ehre, Anstand, Würde, Respekt, Verantwortung, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung sind zumeist unbekannt. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt hier nicht, sondern der Grundsatz Trau-schau-wem, nimm stets den bösesten Fall an.

Eine solche Welt ist eigentlich unerträglich und macht immer wieder bewusst, wieviel man selbst hier abgezokkt, über den Tisch gezogen, hintergangen, belogen und betrogen worden ist. Warum aber ist man denn dann immer noch hier?

Ja, das ist ein Rätsel, dessen Lösung mit dem traumhaften Ambiente, dem oft smaragdgrünen Meer, dem wunderschönen Strand, den naturgrasunterlegten Palmenmatten und der fröhlichen Art der Menschen mit Musik und Tanz zu tun hat. Und weil es dennoch Menschen gibt, mit denen man gute Beziehungen haben kann und denen man oft mit bescheidenen Mitteln helfen und sie unterstützen kann.

Das Leben hier ist ein Lernprozess. Ich habe für mich gelernt, ich selbst zu sein, mit all meiner Grosszügigkeit, meiner Hilfsbereitschaft, und selbst stärker zu werden in meinem Selbstbewusstsein. Jedes Mal, wenn ich wieder reingelegt wurde, schmunzeln zu können darüber, dass es wieder mal jemand geschafft hat, mich reinzulegen. Der Kernsatz heisst hier: Gib Ladrones (Betrügern) keine Chance. Aber auch noch mehr Vorsicht walten zu lassen und nicht traurig zu sein über Niederlagen und Verluste. Ich habe (schmerzhaft) gelernt, innerlich von Dingen loszulassen, die mir gestohlen wurden oder die mir geraubt wurden und deren sind es einige.
Wenn man sich fragt, warum es hier so viele Betrügereien gibt, so kommt man bald dahinter. Einheimische Dominikanerinnen und Dominikaner, insbesondere aber Haitianer, werden extrem schlecht bezahlt. Im Verhältnis zu den Nahrungsmittel-Grundkosten, den Mietpreisen und elektrischer Energie reichen die 8-10 Tausend Pesos nicht aus, um auch noch Television, Handy für die ganze Familie und Motorroller zu bezahlen, vom teuren Benzin ganz abgesehen. Wenn man in einem der Supermärkte einkauft, stellt man bald einmal fest, dass die Nahrungsmittelpreise etwa denjenigen in deutschen und schweizerischen Grossstädten entsprechen.
Das erklärt zwar nicht alles, ist aber doch ein Hinweis auf eine immer unerträglicher werdende Kostenschere für die einfache arme Bevölkerung hier in Las Terrenas, unter der besonders die Muetter und Frauen leiden